1988
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Das blaue Buch
Es spielen
Heike Erlenkämper, Torsten Schütte, Elisabeth Bohde
Regie
Elisabeth Bohde
Bühnenbild
Ensemble
Wolf-Dieter Hans (Konstruktion und Bau)
Premierendatum
November 1988
Vorstellungsdauer
30 Minuten
Vorstellungszeitraum
1988-1991
Zahl der Vorstellungen
100
Fakten
Diese Inszenierung, die vor allem in Büchereien gezeigt wird, entwickelt die Theaterwerkstatt Pilkentafel für das Leseförderprogramm der Stadt Flensburg.
Teil des Leseförderprogramms
„Zuschauer verändern jedes Mal das Stück“
…ist die Kritik von sis im Nordfriesland Tageblatt am 05. November 1988 überschrieben, die zunächst auf die begeisterten Reaktionen der Kinder („Nur mit Mühe konnte sich das Publikum auf seinen Plätzen in der Lecker (Stadt in Nordfriesland, Anm. der Redaktion) Gemeindebibliothek halten.“) und dann auf die besonderen Gesetzmäßigkeiten einer Theatervorstellung für junges Publikum eingeht. Stillsitzen, Schweigen, alles keine Regeln für diesen Abend.
Aufbauend auf ein Interview mit Elisabeth Bohde heißt es weiter: „Was den Zuschauern zufällig erscheint, läuft nach einem ausgeklügelten System ab, … nach einer bestimmten Zeit- und Laufregel - auch der Rhythmus muss stimmen -, denn sonst ermüden die temperamentvollen Vorschulkinder. …“
„Als ‘lebendige Kulisse’ dient ein großes mit Stoff bespanntes aufklappbares Stangengerüst, das ‘das Buch’ von Questo und Prolli darstellt.“ (ebenda) Aus diesem Buch können die beiden Spieler:innen den dreidimensionalen Raum betreten. Ihre Silhouetten sind in den Stoff geschnitten, der die Buchseiten bildet. Torsten Schütte und Heike Erlenkämper tragen Overalls in knalligen Farben.
Pressestimmen
Elisabeth Bohde ist die Erzählerin der Rahmenhandlung (Ein Junge will von seiner Mutter sein neues Kinderbuch vorgelesen bekommen, die hat aber nie Zeit. Und so träumt der Junge jede Nacht ein Kapitel. Am Ende des letzten Kapitels wollen die Figuren nicht zurück in das Buch und hauen ab. Am nächsten Tag endlich hat die Mutter Zeit vorzulesen, aber da sind alle Bilder aus dem Buch verschwunden) und leitet mit einem Akkordeon über in die Traumszenen, in denen Heike und Torsten als Figuren aus dem Buch erscheinen, die erst sich selbst und sich gegenseitig entdecken und dann die Geschichte des Buches durchleben. Sie unterhalten sich in einer Phantasiesprache („…denn Gefühle wie z. B. Ärger und Freude muß man auch anders als durch Sprache Ausdruck verleihen können, so die Theaterspieler.“ (ebenda).
Eine Geschichte in der Geschichte
‘Das blaue Buch’ setzt die Forschungen der vorangegangen Produktion Ein Kinderstück fort.
In der Beschreibung auf der Homepage heißt es: „Eine Geschichte von einem Jungen, dessen Buch sich jedes Mal öffnet, wenn die Uhr Mitternacht schlägt. Doch dieses Buch öffnet sich nicht nur, auch die beiden Gestalten Prolli und Questo werden lebendig und spielen den Kindern eine Geschichte vor. Eine Phantasiegeschichte in einer Phantasiesprache, wie es sie im wirklichen Leben nicht gibt, die aber von den Kindern verstanden wird.“
Phantasiewelten, die Realität werden
Fotos
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Wie bereits bei Ein Kinderstück beschrieben, beginnt die Theaterwerkstatt Pilkentafel in der zweiten Hälfte der 80er Jahre eine intensive Auseinandersetzung mit der kindlichen Wahrnehmung, dem kindlichen Spielund den damit zusammenhängenden möglichen Formen einer neuen Theatersprache und -form.
Wie bei den späteren Arbeiten der Theaterwerkstatt Pilkentafel lässt sich auch bei dieser Produktion bereits die ebenbürtige Begegnung der Spielerinnen mit den Kindern als Grundelement der Herangehensweise nennen. „Bereits zu den Proben werden Kinder eingeladen, wenn neue Improvisationsvarianten gesucht werden“, heißt es in der oben genannten Kritik. In dem hier ebenfalls angeführten Zitat von Elisabeth „…wir wissen, dass wir das, was wir suchen - ein Kinderstück - nur mit Kindern finden können“ ist diese Haltung auf den Punkt gebracht.
Wie oben und bei der Produktion Waschtag beschrieben, lässt sich die Suchbewegung nach nicht-hierarchischen Arbeits- und Präsentationsformen als ein Charakteristikum der Arbeit der Theaterwerkstatt Pilkentafel bezeichnen. Wie konsequent und ehrlich sich diese Haltung niederschlägt, lässt sich an einer Anekdote zur Entstehung der Produktion ablesen: Elisabeths Tochter Anna, damals gerade eingeschult, sieht die Generalprobe von ‘Das blaue Buch’ und stellt fest: „Das könnt ihr so nicht machen. Das versteht kein Kind.“ Die Kritik wird ernst genommen und die Inszenierung über Nacht komplett überarbeitet. (Anna sitzt außerdem bei Feedback-Runden nach Vorstellungen selbstverständlich dabei und bringt sich hier auch aktiv ein.)